SPD lehnt Haushalt 2023 ab! Mitgestaltung unerwünscht!

Leider musste die SPD-Fraktion den Haushalt 2023 des Bürgermeisters ablehnen.

Die Mehrheitsfraktionen aus CDU und BG sowie des Verwaltungschefs lassen keine Mitgestaltung des Haushaltes für die Menschen in Werl zu. Daher mussten wir den Haushalt zum ersten Mal seit Jahren ablehnen. Das sahen auch die Fraktionen aus Bündnis90/Die Grünen und der FDP so. Der Haushalt wurde jedoch mit knapper Mehrheit von 19 Ja-Stimmen und 18 Nein-Stimmen dennoch genehmigt.

Hier lesen können Sie die Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Sascha Quint vom 01.12.2022 nachlesen:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates der Wallfahrtstadt Werl,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Werlerinnen und Werler,

„Die Stadt ist vollumfänglich handlungsfähig“, mit diesen Worten brachten Sie, Herr Bürgermeister, Ihren Haushaltsentwurf ein. Sie verzichteten dabei auf eine verständlich begründende Rede, um zu erklären was sie damit meinen, sondern präsentierten und erklärten das Zahlenwerk, ja und das wars dann auch schon.

Wer nun ist vollumfänglich handlungsfähig?!

Der Bürgermeister, dem alle Möglichkeiten des Handelns durch Mehrheitsentscheidung im Rat eröffnet werden?

Die Politik, sofern Sie dem Bürgermeister und seinen Vorhaben und Handlungen zustimmt?

Wer gehört zum Kreis der handelnden Personen? Wem werden eigentlich Mitwirkungsmöglichkeiten eingeräumt?

Steht am Ende eines Entscheidungsprozesses ein von allen erarbeiteter Konsens?

Ist die Politik noch handlungsfähig, wenn die Mehrheitskoalition den Bürgermeister ermächtigt, ein einzelnes Grundstücksgeschäft bis zu einer halben Million Euro allein zu tätigen?

Wer ist also ist am Ende wirklich vollumfänglich handlungsfähig?

Wir jedenfalls werden unbeirrt als vom Wähler dazu Beauftragte alles daransetzen, an der vollumfänglichen Handlungsfähigkeit beteiligt zu sein.

Wir sehen die Beteiligung an vollumfänglicher Handlungsfähigkeit jedoch nicht gewährleistet, wenn alle Anträge der SPD-Fraktion zum Haushalt von der aktuellen Mehrheitskoalition immer wieder abgelehnt werden:

Wenn es nichts wird, mit Entlastungen bei den OGS-Gebühren für unsere Familien mit Kindern.

Wenn es nichts wird, mit einer Teilentlastung von Nutzungsgebühren für unsere Sportvereine.

Wenn es nichts wird, mit ausreichendem Geld für unsere Straßenunterhaltung.

Wenn es nichts wird, mit einem Gesamtkonzept der Stadt, sich dem Klimawandel und dessen Folgen entgegenzustellen. Nein wir wollen uns lieber in „Klein-Klein“ bewegen.

Wir wollen, dass auch den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt Beteiligung an vollumfänglicher Handlungsfähigkeit ermöglicht wird. Darauf zielten und zielen unsere Beiträge und Anträge ab.

Die reflexartige Ablehnung von Anträgen der Opposition, wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Hans Jürgen Thies dies an andere Stelle nannte, nehmen wir zum Ansporn, so erst recht, um Mitwirkung zu kämpfen und kritisch konstruktiv Entscheidungen zu erarbeiten.

Denn zur Handlungsfähigkeit gehört nicht, nur statisch auf Bilanzen zu setzen, sondern es gehört wesentlich dazu, integrierte Stadtentwicklung zukunftsfähig zu gestalten.

Zum Beispiel beim Thema Wohnen in Werl

Die SPD-Fraktion hat einen Antrag auf Prüfung zur Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft gestellt.

War eine solche Prüfung durch die Verwaltung nicht leistbar, wie es hier die Mehrheitskoalition vor einigen Monaten behauptete?!

Ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Werl trotz vollumfänglicher Handlungsfähigkeit nicht leistbar?

Wollen wir uns stattdessen Verhältnisse wie in Teilen der Droste-Hülshoff-Straße leisten?

Denn „Noch mehr günstigen Wohnraum zu schaffen, widerspreche dem Ziel, die Einkommenssituation der Stadt zu verbessern“, zitierte der Anzeiger ein Ratsmitglied der Mehrheitskoalition damals.

Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft untersteht nicht ausschließlich dem Diktat der Ökonomie, sondern würde unter demokratischer Kontrolle handeln. Vollumfänglich handlungsfähig ist nur, wer solche Missstände beheben kann. Kommunaler Wohnungsbau kann dafür Sorge tragen, dass bezahlbarer Wohnraum nicht minderwertig ist.

Ich habe dazu folgendes noch gefunden:

„Familien – in all ihrer Vielfalt – sind die Grundlage für ein funktionierendes Sozialgefüge in jeder Stadt. Die öffentliche Wohnraumförderung verbessert die Wohn- und Wohnumfeldbedingungen und schafft mit vitalen Wohnvierteln eine lebenswerte Heimat für Menschen mit kleinem Geldbeutel – für Familien bzw. Haushalte mit Kindern, für Alleinstehende, für Menschen mit und ohne Behinderung.“ Darin stimmen wir Ina Scharrenbach, übrigens CDU-Ministerin (für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen) in ihrem Vorwort zum NRW Wohnraumförderprogramm vollinhaltlich zu.

Vielleicht spricht die größte Fraktion hier im Raume noch einmal mit ihr, dass sie das anders sieht?!

Doch um vollumfänglich der Wahrheit die Ehre zu geben, stellen wir fest, dass unsere und der Grünen Mitarbeit in Ausschüssen und Arbeitskreisen bei anderen Fraktionen offensichtlich Anerkennung findet. So wurden Beiträge und Ideen sowie interfraktionelle Ergebnisse gern in Anträge der Mehrheitskoalition gegossen. Wir haben natürlich gerne den abgekupferten Anträgen zugestimmt, weil wir eben nicht parteipolitisch, sondern an der Sache orientiert entscheiden und verantwortungsbewusst an Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in unserer Stadt mitwirken wollen. Das betrifft natürlich auch die sicheren Wege in unserem Parkfriedhof.

Festzuhalten ist, dass das gesamte Investitionsprogramm nicht das Werk eines Einzelnen oder einer einzigen Fraktion, sondern der gesamten Politik und Verwaltung zu sein hat.

Positiv anzumerken ist, dass wir nach Jahrzehnten das Nahversorgungszentrum im Werler Norden und die damit verbundene Infrastruktur bekommen. Endlich beseitigen wir damit einen Schandfleck in unserer Stadt. Mein besonderer Dank gilt den mutigen Investoren, der Stadtplanung, und der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung. Die Politik ist hier endlich in de Pötte gekommen, wie ich einmal im Anzeiger zitiert wurde. Das freut uns sehr.

Ansonsten wird investiert was sowieso unabdingbar ist:

Investitionen in unsere Schulen,

in unsere freiwillige Feuerwehr,

in neue Straßen,

in unsere Innenstadt

und in unsere Sportstätten.

Wir haben also unsere Mitwirkungsbereitschaft bereits hier mehrmals unter Beweis gestellt.

Aber unsere Anträge wurden oft rigoros abgelehnt – und zwar ohne Kompromissbereitschaft der Mehrheitskoalition und dass nicht etwa mit kompetenten und überzeugenden Gegenargumenten, NEIN, sondern mit angemaßter Deutungshoheit über unsere Inhalte und Motive. Steht jedoch ein anderes Etikett auf diesen Anträgen, werden diese wie selbstverständlich durchgewunken.

Weiter vermissen wir die abhanden gekommene Fähigkeit der Verwaltungsspitze und -spitzen, sich in Politik einfühlen zu können und die damit verbundene Bereitschaft, Kompromisse finden zu wollen. Das scheint wohl ein Phänomen der aktuellen Legislatur zu sein.

Mit Verlaub: Mit vollumfänglicher Handlungsfähigkeit nehmen wir unser demokratisches Recht wahr und entscheiden uns dafür, der Gleichwertigkeit von Pro und Kontra in der Demokratie Geltung zu verschaffen.

Folgerichtig stimmt die SPD-Fraktion diesem Haushalt damit nicht zu.

Es gilt das gesprochene Wort!

Für die SPD-Fraktion

Ihr Sascha Quint

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

 

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