So nicht, Herr Höbrink, so nicht! SPD lehnt Haushalt 2024 ab!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Werl,

es sind schon erschwerte Rahmenbedingungen, unter denen die Verwaltung dieses Jahr den Entwurf für den Haushalt aufstellen musste.

Massiv gestiegene Preise für Energie, stark steigende Kosten bei Bauvorhaben und der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst seien hier nur beispielsweise genannt. Gleichzeitig wird der Investitionsbedarf im Bereich des Klimaschutzes steigen, denn es wird mehr Geld für Klimafolgeanpassungen sowie für Investitionen bei der Energie- und Mobilitätwende benötigt werden.

Die Bilanzierungshilfe des Landes, die den Kommunen ermöglichte, Ausgaben aufgrund von Corona und aufgrund des Ukraine Krieges zu isolieren, ist weggefallen. Wie es in der Ukraine weitergeht und welche Kosten dadurch auf die Stadt Werl zukommen ist ungewiss.

Gleichzeitig investieren wir Millionen im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes. Diese Investitionen markieren einen Meilenstein in der Weiterentwicklung unserer Stadt und sind ein Bekenntnis zu einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung. Ich möchte an dieser Stelle klar sagen, dass wir als SPD diese Investitionen begrüßen und uneingeschränkt hinter den geplanten Maßnahmen stehen. ISEK ist eine Chance für Werl.

Es ist in den letzten Jahren gelungen, Schulden abzubauen, den Haushalt auszugleichen und nicht mehr in der Haushaltssicherung zu sein. Die Werler Bürgerinnen und Bürger haben mit der Zahlung der Grundsteuer zu diesem Erfolg entscheidend beigetragen. Rund 14 Millionen Euro befinden sich derzeit in der Ausgleichsrücklage. Ein Betrag, der zunächst eine gewisse Sicherheit vermittelt. Betrachtet man aber den aktuellen Haushaltsentwurf mit einem Defizit von rund 4,7 Millionen Euro und hält man sich vor Augen, dass etwa 10 Millionen Euro im Rahmen des NKF – CUIG isoliert wurden, so erkennt man, dass die Haushaltslage alles andere als rosig ist.

Wie oben schon gesagt, unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen ist es gelungen, den Haushalt für dieses Jahr aufzustellen – und das auch noch pünktlich. Das ist nicht selbstverständlich, sondern spiegelt die engagierte Arbeit und den Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung wieder. Man kann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für diese Leistung nur Respekt zollen, und das tue ich hiermit ausdrücklich.

Trotz dieser positiven Aspekte sind wir als Werler SPD inhaltlich in vielen Dingen anderer Auffassung. Wir haben uns deshalb die Frage gestellt, was hätten wir anders gemacht, wenn wir den Haushalt aufgestellt hätten. Wo hätten wir als Werler SPD andere Akzente gesetzt? Was wären die Schwerpunkte gewesen, die wir in den Vordergrund gestellt hätten? Wo haben wir Ideen, die mit Ihren Ideen eben nicht übereinstimmen und die sich deshalb nicht im Haushalt wiederfinden.

Nehmen wir als Erstes die Grundsteuer:
Vielen Bürgerinnen und Bürgern geht es zurzeit finanziell schlechter. Durch erhebliche Preissteigerungen und die Inflation bleibt z.T. deutlich weniger im Portemonnaie. Hier möchten wir als SPD ansetzen und die Bürgerinnen und Bürger, und zwar ALLE, entlasten.
Aus diesem Grund haben wir den Antrag gestellt, die Grundsteuer zu senken und gleichzeitig die Gewerbesteuer um den gleichen Gesamtbetrag zu erhöhen. Für den Haushalt der Stadt Werl ist das kostenneutral. Das Steueraufkommen wäre in Summe gleich geblieben. Entlastet worden wären alle: Mieter wie Grundstückseigentümer. Ja selbst Gewerbetreibende wären entlastet worden: Auch sie hätten für die gewerblich genutzte wie auch für die privat genutzte Immobilie weniger Grundsteuern gezahlt.

Die Senkung der Grundsteuer wäre eine Entlastung ohne Umwege gewesen. Niemand hätte einen Antrag stellen müssen, um in den Genuss dieser Entlastung zu kommen. Niemand hätte einen Antrag prüfen und dann bewilligen oder ablehnen müssen. Einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, wie er sonst bei Förderprogrammen gang und gäbe ist, hätte es hier nicht gegeben. Jeder hätte die Entlastung ganz einfach direkt erhalten. Und wenn Sie jetzt einwenden, die Entlastung wäre nicht sehr groß gewesen, so will ich dem entgegen halten, dass geringere Einkommen auch von kleinen Beträgen profitieren, und zwar überproportional!

Kommen wir als Zweites zur den OGS-Beiträgen:
Wir hätten die Elternbeiträge für die Offenen Ganztagsschulen angefasst. Ein Punkt mit direkter Auswirkung auf unsere zukünftige Generation. Hier hätten wir die Beiträge zugunsten geringerer Einkommensschichten verändert. Wir hätten also Bürgerinnen und Bürger mit geringerem Einkommen entlastet und, natürlich, Bürgerinnen und Bürger mit höherem Einkommen belastet. Auch diese Anpassung wäre also kostenneutral für den Werler Haushalt gestaltbar gewesen.

OGS Beiträge müssen in Werl schon ab einem Einkommen von rund 16.500,- € gezahlt werden. Ab einem Einkommen von 61.355,- € steigt der Beitrag nicht mehr. Vergleicht man diese Zahlen mit den vom Kreis Soest festgelegten Kita-Beiträgen, so sieht man sofort den eklatanten Unterschied; rund doppelt so hohe Einkommensgrenzen. Kita Beiträge fallen erst ab 31.000,- € an und steigen bis zu einem Einkommen von 125.000,- €.

Man muss dabei einen Blick auf die Menschen werfen, die von dieser Verschiebung profitiert hätten. Profitiert hätten gut ausgebildete Arbeitskräfte, beispielsweise aus dem Dienstleistungs- und Gesundheitssektor, von denen wir alle hier wissen, dass sie in unserer Gesellschaft zu wenig Geld für ihre Arbeit bekommen.

Der dritte Punkt, der für uns als SPD von enormer Wichtigkeit ist, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Mit diesem Thema sind wir wahrlich nicht allein!
Für 2023 hat die CDU-geführte Landesregierung die Mittel für Wohnraumförderung auf 1,6 Milliarden Euro aufgestockt, bis 2027 stehen neun Milliarden Euro in NRW bereit. Dabei liegt der Schwerpunkt laut Landesregierung eindeutig auf der Förderung von bezahlbaren Mietwohnungen.

Wenn wir nach Werl schauen, dann werden hier in Neubaugebieten nach wie vor in erster Linie Einfamilienhäuser gebaut. Der Traum von Eigenheim ist nach wie vor verständlich und hat seine Berechtigung. Aber wir wissen alle, dass ein Eigenheim bei derzeitigen Preisen für große Teile der Bevölkerung ein Traum bleiben wird. Wir brauchen auch und gerade in Werl mehr Mehrfamilienhäuser mit bezahlbaren Mieten und auch mehr geförderten Wohnraum.

Und wenn Sie jetzt – wie in der Vergangenheit passiert – sozialen Wohnungsbau mit gesichtslosen Mietskasernen und problematischen Bewohnerinnen und Bewohnern gleichsetzen, können wir Ihnen nur einen Blick in die Nachbargemeinden empfehlen. Hier gibt es vielfältige Beispiele für gelungenen geförderten Wohnungsbau. Wir hätten Haushaltsmittel bereitgestellt, um dieses voranzutreiben.30

Möglicherweise sind das in einigen Augen Phantastereien! Wenn der kreative, in die Zukunft gerichtete Blick als Phantasterei bezeichnet wird, verbauen wir uns wichtige Wege. Sicher ist es gut und richtig zu sparen, aber Investitionen in die Zukunft für alle sind unabdingbar. Wir als SPD stellen die Menschen unserer Stadt in den Vordergrund und setzen uns weiterhin für ein soziales Miteinander ein!

Meine Damen und Herren,

eigentlich war meine Rede an dieser Stelle zu Ende. Dann habe ich aber mitbekommen, dass ein Projektierer im Januar die Stadt informiert hat, dass er ein Windrad an der Autobahnabfahrt Wickede bauen möchte. Also an einer Stelle, an der alle, ich wiederhole, alle Fraktionen im letzten Jahr den Bau begrüßt haben. Stand des Verfahrens: Der Immissionsrechtliche Genehmigungsantrag wurde vom Projektierer gestellt und die Stadt Werl hat im Rahmen des gemeindliche Einvernehmen eine negative Stellungnahme abgegeben. Ich bin auf die Erklärungen des Bürgermeisters später in dieser Sitzung gespannt. Wenn das so stimmt, dann drohen uns hier Einnahmenverluste von bis zu 800.000,- €, die wir uns eigentlich nicht leisten können. Für mich aber noch schwerwiegender ist die Frage, warum der Bürgermeister, der seit Januar von den Planungen weiß, trotz mehrerer Nachfragen zum Stand der Windnutzung in Werl, den Rat NIE, ich wiederhole NIE, von diesem Projekt unterrichtet hat. Die zuvor vorgetragenen Argumente und dies als i-Tüpfelchen lassen uns keine andere Wahl, als den Haushalt abzulehnen und dem Bürgermeister so zu sagen: So nicht, Herr Höbrink, so nicht!

Für für SPD-Fraktion- es gilt das gesprochene Wort.

Thomas Grümme

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender

 

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